4
Apr
2012

Lichter Aus

Chekhov sagte mal: "Wenn du Einsam seien willst, Heirate!".

Nun, der Herr Chekhov hatte komplett recht. Er wusste wahrscheinlich wie schlimm das ist wenn man über Jahre mit jemanden zusammen ist, diese Person in und auswendig kennt, seine Schwächen herausbekommen, seine Fürze gehört und seine Scheisse in der Toilette gerochen und langsam aber sicher die Liebe zu diesem Menschen verloren hat und nur noch weitere Jahre drangehangen hat weil der Mensch ein Gewohnheitstier ist. So leben die meisten Menschen. Er wusste wahrscheinlich wie das ist neben jemanden zu schlafen und nicht wollen dass der eigene Fuss die kalten Füsse der anderen berührt...shhhhhh, schweigt! Das will ich nicht hören! Dieses alberne Jaaaa aber man kann doch nicht pauschalisieren und viele Menschen sind ja auch glücklich miteinander...bla bla yada yada....

Nein. Dieses Ding genannt Liebe, ist eigentlich eine chemische Reaktion im Körper was mit Hormonausschüttung zusammenhängt. Wenn diese kurze Reaktion vorbei ist, glaubt der Mensch zwar immernoch dass er liebt, ist aber schon längst aus dieser Phase heraus. Danach -und das passiert ziemlich bald- verwechselt dann der Mensch Liebe mit Risikoarmut, Anhänglichkeit, Gewohnheit, Angst und Trägheit. Man lebt mit jemand über 30 Jahre, zieht drei Kinder gross und sobald man sich von diesem Langjährigen Partner trennt, merkt man dass von den 30 Jahren, 29 zuviel waren. Das erkennt man aber erst danach aber der erste Schritt dazu, ist für dich meisten gigantisch und so gut wie nicht durchführbar. Es ist als ob man jahre lang rückwärtslaufend einem Abgrund zusteuert, man weiss dass er da ist und dass man unweigerlich irgendwann tief fallen wird, und dennoch erheitert man sich an dem was man vor sich sieht und erblickt.

Wieso hat der Mensch solch eine Angst vor dem alleinsein? Nicht nur in einer privaten Beziehung sondern auch auf einem höheren level nämlich in einer Gesellschaft ist es meiner Meinung nach so, dass die Menschen in der Gesellschaft sich wohler fühlen weil Ihnen die geistigen Instrummente fehlen um sich selbst kennenzulernen. Die Gesellschaft lenkt sie ab, schlägt die Zeit für sie tot, legt Ihnen Wörter in den Mund sowie Gedanken in den Kopf... und die Menschen haben sich daran gewöhnt. Sie denken sie seien ach so individuell aber letztenendes sind sind sie immer ein Abklatsch fremder Gedanken und Handlungen. Wenn sie etwas nicht sehen, machen sie sofort das Licht an, sie machen Streichhölzer an, sie kennen nur die Hilfe von Aussen, wissen aber nicht dass die effektivste Hilfe von Innen kommt, aus Ihnen selbst heraus kommen muss. Wenn man leidet, muss man nach Innen blicken. Langfristig, geht kein Weg daran vorbei. Nicht sofort nach dem Lichtschalter oder Streichhölzer ausschauhalten, sondern das bisschen Licht was einen daran hindert das wahre ICH endlich kennenzulernen, auch noch löschen...

Ach vergessen wir das ganze...

Caol Ila 18...ein wunderbarer Whiskey..Torf, Meersalz, neee Seetang würd ich nicht sagen aber viel Holz, Lagerfeuerholz...schön

Cheers

Jesse Cook - Cancion Triste

Dr. Kampmann

"Guten Tag Dr. Kampmann"

"Ach tatsächlich! Der Herr Moscowitz, glaub ichs denn?!"

"Dr. Kampmann, entschuldigen sie dass ich nicht früher gekommen bin, ich hab von ihrer Vertretung gehört dass sie Krank wären und da ich länger nicht mehr Krank war um sie in ihrer Praxis zu besuchen, konnte ich von ihrer Krankheit nichts wissen. Es tut mir leid"

"Und wieso wollten sie zu mir? Was haben sie gehabt?"

"Nichts Dr. Kampmann, ehrlich gesagt nichts. Ich wollte mich nur ein paar Tage Krankschreiben lassen."

"Ja Herr Moscowitz, ich leide seit ungefähr 4 Monaten an Niereninsuffizienz. Ein Dialysepatient eben. Mir haben sie sogar schon den grossen Zeh amputiert weil er abgefault war"

"Es tut mir leid"

"Mir nicht, der hat mir vorher mehr Probleme bereitet als jetzt!"

"Dr. Kampmann ich hab eigentlich garnicht soviel Zeit. Ich wollte sie nur mal kurz besuchen, kurz Hallo sagen und ihnen alles Gute wünschen."

"Danke Herr Moscowitz, das weiss ich sehr zu schätzen" ich war dabei mich umzudrehen als er nochmal nachsetzte und fortfuhr:

" Ach Herr Moscowitz, wie gehts Ihnen eigentlich Privat? Das letzte mal als wir uns in der Praxis sahen gings bei Ihnen Privat doch so ziemlich drunter und drüber oder irre ich mich?"

"Ne, die Sache ist ausgestanden. Die Frau ist Geschichte und der Ärger mit ihr gleich mit"

"Sagen sie mal was hatten sie nochmal studiert? Bauuuuwese...nein Archiktur, Architektur.. richtig?"

"Richtig"

"und sie hatten grosse finanzielle Probleme gehabt und generell hatten sie keine glückliche Phase"

"Stimmt Dr. Kampmann, aber heute bin ich glücklicher"

"Und ich bin heute weniger Glücklich.."

"Ist wohl der Lauf der Dinge sie wissen ja die Ups und Downs und so..."

"Wissen sie Herr Moscowitz, sie haben mir damals in meiner Praxis irgendwie vertraut und ihr Herz offengelegt. Darf ich ihnen heute eine kleine Geschichte erzählen? Haben sie soviel Zeit?" Hatte ich nicht. Aber er war ein feiner Mann , ich nahm mir die Zeit.

"Wissen sie, viele die mich heute so sehen in solch hohem Alter, kennen mich nicht wirklich. Sie kennen mich als einen immer ausgeglichenen Mediziner der nur die Familientradition fortsetzte und Arzt wurde. Ich hab aber kurz nach dem Kriegsende angefangen zu studieren. 1947 in München. Die Stadt war grösstenteils zerstört. Etliche junge Männer und sogar reife Männer wollten studieren. Stellen sie sich das mal vor, heute studieren 2 Jahrgänge miteinander. Damals haben 20 verschiedene Jahrgänge miteinander studiert." Er zeigte dabei mit der Zeigefinger zur Schläfe als er das sagte

"Viele kamen ja vom Krieg und mussten etwas werden und die Jugend sowieso, also was hat der Staat gemacht? Er hat den Andrang gesehen und hat ihn sich zu Nutze gemacht. Wir mussten alle erstmal ein Jahr auf dem Bau arbeiten bevor wir uns überhaupt immatrikulieren durften. Ich arbeitete auf dem Bau wie tausende andere junge Menschen Deutschlandweit. Viele Städte sind durch diese Massnahme wieder auf die Beine gebracht wurden."

"Eine kluge Massnahme wie ich finde"

"Finde ich auch Herr Moscowitz. Wussten sie eigentlich dass ich mal für ein Jahr ins Gefängnis musste? Nein, wussten sie nicht, aber ich war tatsächlich drin!"

Das hätte ich diesem alten und zerbrechlichen Mann mit so vorzüglichen Manieren niemals zugetraut. Ich wurde neugierig.

"Darf ich fragen wieso Dr. Kampmann?"

"Weil ich einmal einem französischen Offizier einen rechten Kinnhacken verpasste"

"Und deshalb mussten sie ein Jahr sitzen?"

"Ja wir waren ihnen ausgliefert wie Schafe. Die Amerikaner konnte man aushalten. Sie waren nie auffällig aber die Franzosen waren Jahre nach dem Kriegsende noch grausam zu der Bevölkerung. Der besagte Offizier nannte mich einmal "Du scheiss deutsches Schwein" und ich hab ihn direkt ausgeknockt. Dafür kam ich vor dem französischen Militärgericht und wurde zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Ich wurde nach einem halben Jahr zwar begnadigt aber 6 Monate habe ich gesessen. "

Ich hörte mir die Geschichte und noch eine andere an und ging dann meiner Wege ohne sie zu kommentieren. Kampmann war ein zu guter Mann um ihn in seiner Lage noch kränken zu wollen.

Ich wusste nur dass Frankreich nicht nur unter den Nazis sondern auch schon davor im ersten weltkrieg so schlimm gelitten hatte dass ich ganz ehrlich nicht sicher war wie ich mich verhalten hätte, wäre ich ein französischer Soldat der die Möglichkeit bekäme sich endlich rächen zu können.


Jesse Cook - All That Remains
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