19
Mrz
2012

...

Ich sass an der Theke und starrte die Whiskeyflaschen an die mir gegenüber in den Holzregalen standen. Ein blauer Dunst füllte die Bar und meine Augen branten. Zigarettenrauch, ein shot whiskey vor mir, Gedanken an Tagen als ich die Banken der Stadt durchlief um die beste Bleibe für die Nacht zu finden. Die Dresdner Bank Filile mit dem Teppichboden, da lag ich Nacht für Nacht, mitten im Winter mit einem Rücksack voll von Dostojewski, Tolstoi, Bukowski, Fante, Chekhov, Lermontov, Maupassant und Maugham.

Tage an denen ich am frühen Morgen der erste Gast des ersten Cafes war das grade aufmachte. Ich schrieb auf lose Papiere, zündete Streichhölzer, verbrante kleine Papierstücke im Aschenbecher, trank am frühen Morgen ein Kaffee und gleich danach ein Jameson oder sogar ein laues englisches Brown Ale. Die Blicke der Gäste und die der Bedienung waren völlig egal. Ich verzweifelte an einigen Tagen aber ich wollte auch nicht viel vom Leben, ich wollte meine Bücher, ein wenig Unabhängigkeit, zugegeben ein Dach übern Kopf was ich nicht besass und Freiheit. Ich merkte dass ich in vielen Dingen freier geworden war, die Gedanken, Reaktionen und Wörter der Allgemeiheit kümmerte mich einen feuchten Dreck. Ich lag Nachts in der Dresdner Bank Filiale auf dem Boden und las meine Bücher. Auch die die kamen und Geldabzuheben, am frühen Morgen, mitten in der Nacht...kümmerten mich nicht mehr.


Ich starrte weiter die Whiskeyflaschen an und überlegte ob ich mit der Zeit nicht niederträchtiger, feiger und bequemer geworden war als damals als ich nichts zu verlieren hatte. Hatte ich denn heute mehr zu verlieren? Es schien so zu sein, ich hatte mehr Sicherheit und das hatte mir meine Freiheit genommen. Darum zu kämpfen die Sicherheit nicht zu verlieren, nimmt einen den Mut, macht Niederträchtig, nimmt einen ein Stück Freiheit. Fuck it sagte ich mir und kippte den shot runter. Den nächsten bestellt...ich ging physischen Auseinandersetzungen prinzipiell nicht aus dem Weg obgleich ich sie auch nicht suchte. Klar die Dekadenz und Arroganz schreibt uns von oben herab vor Konflikte nicht körperlich zu lesen. Oft verarschen sich diese elenden Bastarde nur um die Fassade rein erscheinen zu lassen. Auf dieser Welt kommt man oft weder mit Worten noch mit körperlicher Gewalt zurecht. Was ich aber auf der Strasse gelernt habe ist jedoch dass es sich für die Psyche eines Mannes nicht gut ist eine körperliche Konfrontation partout aus dem Weg zu gehen. Sich feige vor einer sich anbahnenden oder sogar aufdrängenden physischen Auseinandersetzung zu drücken, macht einen Mann längerfristig kaputt, lässt ihn körperlich und seelig buckelig werden. Du gehst nach Hause und fühlst dich krank, du weisst selbst am besten dass du Feige warst, dir wollte einer an den Kragen und du hast dich ihm nicht gestellt,...das kann kein Mann der Welt oft bringen und dennoch mit sich ganz im reinen sein.

Mir persönlich war es lieb wenn nichts passierte aber die Masse ist der Mob und wenn man sich zwischen diesem schleimigen Haufen da draussen rumtümmeln muss, dann kann da immer was passieren und wenn da einer unbedingt die Konfrontation wollte, hab ich mich halt gestellt. Ganz egal ob ich nun gewann oder verlor, ich sah beide Partien ohnehin als verlierer, allerdings auch wenn wir nur dummgelabert hätten oder wenn ich den Schwanz eingezogen hätte...so hatte ich danach wenigsten meine Ruhe und musste mich nicht wie ein elender Hund fühlen...

Ich wurde von hinten geschubst, mein Shot Whiskey fiel mir fast aus der Hand, ich schaute nach hinten und sah zwei ziemlich kräftige Burschen die wohl ganz genau wussten was sie taten und mich nun anstarrten...ich kippte mein Whiskey runter und fühlte dass die Wut in mir aufstieg...ich bestellte den nächsten, ich wusste dass ich wie früher aufstehen würde, zu den zwei Typen hingehen und sie fragen würde ob denn alles in Ordnung sei und ob wirs nun gleich hier oder lieber draussen hinter uns bringen sollten.

Der Whiskey kam, ich kippte ihn runter und stand dann auf. Ich schaute die zwei Jungs an, schaute nochmal rüber zu meinem freigewordenen Barhocker auf dem sich noch meine Jacke befand, ich lächelte die Jungs an, nahm meine Jacke, zog sie an und verliess die Bar.

Ich lachte in mich hinein während ich durch die Gassen der Altstadt spazierte. Hatte ich nun meine Mut verloren? Bin ich davongelaufen? Hatte ich Angst?...ich wusste dass sich was in mir verändert hatte, das ungestüme war nicht mehr da aber ich wusste dass ich jeder Zeit auch wieder zurückkehren und die Sache hinter mich bringen könnte, das hatte ich drin und die Gewissheit dass ich zumindest keine Angst hatte, beruhigte mich. Ich zündete mir eine Zigarette und steuerte eine andere Bar an.

Night Traffic - Rain

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