30
Mrz
2012

Verdi e basta!

Bei ihr in der Wohnung sah es unheimlich aus. Für einen kurzen Moment dachte ich ich wäre in ein Film. Portraits die mit weissen, mit Farbe befleckten Tüchern bedeckt waren. Eine grosse Matratze mitten in der Wohnung, Tomaten und Orangen auf dem Boden. Die Wohnung ein einziger grosser Raum worin gemalt, gewohnt, geschlafen, gegessen und wohl auch irgendwo geschissen wurde.

Mein Kopf lag bei ihr auf dem Schoss, und sie spielte mit meinen Haaren. Besoffen gestekulierte ich mit der einen hand. Ich weiss dass ich, völlig besoffen, besser italienisch sprach als im nüchternen Zustand. Ich glaube das lag daran dass ich mich einen Scheiss drum kümmerte ob ich richtig oder falsch sprach, ich sprach einfach und die verstand mich und war begeistert. Diese Frau hätte alles mit mir machen können und ich hätte meine Verhältnisse viel Geduld aufgebracht um sie nicht zu kränken. Sie war die erste Frau die meine beschissene Situation verstand und nicht anfing eine philosophische Diskussion anzuzetteln um mir zu imponieren. Sie brachte mich zu der Matratze und ich liess mich nieder fallen und fing an zu lachen. Absolut ohne Grund.

Ich sah alles in Schatten und Rissen. Alles war schwarz, dunkelblau oder grau. Eine Ecke des Zimmers war durch den Mond völlig hell erleuchtet und zwar so stark dass es mich blendete. Irgendwie roch es dort nach Mandarinen und Rosen. Ich konnte einen angenehm trockenen Staubgeruch feststellen. Ich war besoffen aber ich konnte die Situation sehr gut erfassen, ich schaute zur Decke und hörte die nackten Füsse und Schritte auf dem Parkett die mal intensiver mal wieder stumpfer wurden. Sie kam und entfernte sich wieder.

"Magst du Verdi?" Fragte sie mich auf italienisch und ich liebte Verdi. Wenn Oper dann Verdi. Ich bejahte und sie legte eine alte Verdi Platte auf, so alt dass man die Plattennadel hören konnte. Eine alte Aufnahme. Ich kann die Glücksgefühle nicht beschreiben. Ich kam mit dem Kopf hoch um zu sehen wo die Platte stand und sah dass die Angela mir entgegen kam, eine Pracht! Sie hatte alles ausgezogen und hatte nur ein langes T-Shirt an. Wohlgeformte Beine, schöne Haut und Verdi sang und sang.. dieser Anblick plus Verdi und die besondere Lichtverhältnisse im dunklen Zimmer sorgten dafür dass ich Gänsehaut bekam. Ich merkte wie sie unter der Decke gekrochen kam, auf meine Brust klopfte und merkte dass ich noch ganz angezogen war. Mit Verdi im Hintergrund zog sie mich aus: das T-shirt, den Gürtel, die Blue Jeans, die hellbraunen Ledershuhe. Socken hatte ich keine angehabt.

Ich dachte es würde weiter gehen. Tat es aber nicht. Sie legte sich zu mir, deckte uns zu. Den Kopf legte sie auf meinerBrust und begann mich zu streicheln. Als ich hochschauen und aktiv werden wollte, drückte sie ihre Zeigefinger gegen die Lippen und sagte "sssss, Verdi!" Nach dem Motto, du musst dir keine Mühe machen, geniess einfach Giuseppe Verdi. Sie hatte recht. Eine Stunde lang fühlte ich mich wie im Himmel, ich lag im Dunkeln neben einer wunderschönen Frau und Verdi sorgte immer wieder für Gänsehaut. Der Mond verschwand hinter kleinen Wolken und kam schnell wieder hervor, das passierte einige Male bis ich irgendwann einschlief als er mal wieder hinter einer Wolke verschwand und das Zimmer absolut Schwarz wurde. Bevor ich einschlieff muss ich die grüne Standby Leuchte des Plattenspielers minutenlang angestarrt haben war denn das war das letzte woran ich mich erinnerte. Ich schlief wie Angela auch während Verdi noch lief. Am morgen als wir beide wach wurden, schliefen wir miteinander. Da war Verdi weg. Himmlich blieb es trotzdem. Ich blieb eine Woche in Firenze, sass mit ihr Abends im Cafe wenn sie arbeiten musste, trank mit ihr wein, und ging danach mit ihr ein Stockwerk höher zu ihrer Wohnung und wir hörten Verdi und Albinoni. Morgens wenn sie zur Uni ging, schlief ich aus, ging danach in die Stadt und liess es mir einfach gut gehen. Kein Stress, keine Eile, kein Weiterkommen.

Tomaso Albinoni - Adagio

Sketches of Spain

Concierto de Aranjuez ist ein sagenhaftes Stück komponiert von Joaquin Rodrigo (1901-1999). Paco de Lucia hat dieses Stück mit der Gitarre zur Perfektion gebracht und das selbe tat Miles Davis mit der Trompete.

Glas Laphroaig 10, Miles Davis und später vielleicht in die Lounge Bar.
I mean...wow.

Miles Davis - Concierto De Arranjuez

Die Bedeutung des Siezens

Neulich wurde ich auf ein Blog aufmerksam wo ich etwas hängengeblieben bin obwohl es gar nicht meine Art ist. Mir geben die meisten Blogs nichts. Manchmal reicht es schon die sinnlosen Header in der Timeline von Twoday zu lesen um abgeschreckt zu werden. Aber bei dieser Bloggerin blieb ich hängen und las oberflächlich ein wenig mit. Die Themen geben nicht viel, der Stil ist gut und grammatikalisch gutes Deutsch wird dort auch angeboten wenn man es denn unbedingt möchte. Manchmal sprechen kleinigkeiten einen an, manchmal ist es die gestalltung des Blogs, manchmal die Farbauswahl..layer...whatever.

Die Chefin dort besteht auf das Siezen. Ist klar ihr gutes Recht, sie kann dort auf ihrem eigenen Terrain verlangen was sie möchte. Sie ist dort Gesetz wie ich es wohl hier bin. Es ist ihr Blog aber genau dieses drauf bestehen oder verlangen, schmälert meines Erachtens den Wert des Siezens.

Eine persönliche Geschichte: Während ich in einem Pub in Frankfurt arbeitete, lernte ich eines Abends einen 48 jährigen Universitätsprofessor aus Strassburg. Ein Elsässer. Der Mann hatte ein ruhiges freundliches Wesen, irgendwann am späten Abend eröffnete sich an der Theke ein spontanes Gespräch was mich bis heute nicht loslässt. Nicht oft fühlte ich mich jemandem unterlegen, aber dieser Mann gab mir das Gefühl auf irgendeine bestimmte, von mir nicht definierbare Art und Weise Unterlegen zu sein ohne es wahrscheinlich zu wollen.

Ich, in meiner Ungestümtheit fing an ihn zu duzen, er aber immer sehr freundlich ja sogar begeistert, lachte sprach begeistert über alles und allem, alles was ich ihm an den Kopf warf schien ihn zu interessieren aber er liess sich nie davon abbringen mich weiterhin zu siezen. Er gab mir das Gefühl dass es absolut ok war ihn zu duzen während er sich die Freiheit nahm mich zu siezen. Das wurmte mich. Seine gelassenheit verletzte mich, es kam sogar Schamgefühl auf. Der Mann kam mir vor wie ein zweiter Dostojewski, ein begnadeter Psychoanalytiker. Es dauerte nicht lang und ich fing an ihn zu siezen und er hat nicht mal diese Veränderung kommentiert. Er hatte mich mit ganz primitiven Mitteln geschlagen. Er verlangte gar nichts und überliess die Entscheidung meinem eigenen Respektgefühl und vielleicht sogar Gewissen. Er hat mir um ehrlich zu sein eine Lehre erteilt worum ich ihm heute noch Dankbar bin.

Dieses im Kern schroffe, überhebliche Verlangen nach Siezerei zwischen Menschen die sich nie gesehen haben und vielleicht auch nie sehen werden ist aber anders, wenn sie es von hinter ihren keyboards verlangen, dann bewirkt es in mir genau das Gegenteil. Ich verliere an Respekt. Grade die dieses verlangen, tendieren oft zu Tyrannei, diktatorisches Verhalten, zu kleinkariertes Verhalten, oft auch Kleinmütigkeit. Oft bekomme ich mit wie fremde sich online über zwei Nicks annonym streiten und sich dabei siezen. Gibt es da etwas lächerlicheres in der Cyberwelt? Sie Arschloch, sie! lol

Sie giften sich an, versuchen auf hohem niveau den anderen durch den Dreck zu ziehen und all das durch ein heuchlerisches Siezen. Vergleichbar vielleicht mit dem Verhalten zweier adeliger britischer Generäle aus dem 19ten Jahrhundert während der napoleonischen Kriege:

Sir Arthur Wellesley steht dem Sir Stephen Woodyard gegenüber und schlägt ihm mir der weissen Handschuhe ins Gesicht. "Sir, your turn Sir!" und schon holt Sir Woodyard seine grade ausgezogenen weissen Handschuhe aus und schlägt seinerseits dem Sir Wellesley ins Gesicht.

"Sir do you agree on putting the issue to rest?"
"Yes sir, please feel free to consider this case closed"
"Thank you Sir"
"I thank you Sir. The pleasure was all mine"

Das ist für mich kein erstrebenswertes Verhalten. Dieses versuchen sich gegenseitig mit der Watte den Hals durchzuschneiden ist einfach an lächerlichkeit nicht zu überbieten. Wenn du jemanden den Hals durchschneiden möchtest, dann nimm ein Messer, wenn du es nicht kannst, wenn du es nicht übers Herz bringst, dann lass sprich nie wieder davon seine Kehle durchschneiden zu wollen. Mit mir kämpfen, mich niedermachen wollen und dennoch zu siezen ist absurd. Hat auch nichts mit Respekt oder auf Distanz halten zutun.

Ich habe schon mal Menschen gesiezt wo ich dann nach einer halben Stunde mich dafür gehasst habe diesen nichtsnutzigen Idioten gesiezt zu haben. Ich finde es ist viel erstrebenswerter, sich in der Hinsicht aufzulockern und den Dingen freien Lauf zu lassen, vieles reiht sich von allein ein. Wenn man verkrampft, wird das ganze kontraproduktiv. Ein duzen allein ist noch lange kein Zeichen von Respektlosigkeit oder Aufdringlichkeit und ein Siezen ist genauso noch kein lange kein Zeichen von Respekterweisens und schon gar nicht ein Zeichen von Distanz.
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