1
Apr
2012

Edmund Avanesian

Wir spielten auf der Strasse fussball und rannten hintereinander her durch den teilruinen der noch nicht fertiggebauten Häusern. Im Kriegszeiten dauerten solche Bauten teilweise 7-8 Jahre bis sie fertiggestellt wurden. Einmal fehlte es an Zement, dann an Eisen, dann an Steinen oder auch an Kabeln. Das Metalgerüst war schon verrostet weil schon schon seit 2 Jahren nicht mehr mit der Arbeit vorranging. Sonne, Luft und Regen hatten die Oxidation beschleunigt. Die Ambiente war jämmerlich und trostlos, es war ein Neubaugegend im Nordosten Teherans wo die ersten anfingen auf den Hügeln ihre Häuser zu bauen.

Die Sonne schien unerbittlich und einige Jungs aus der Nachbarstrasse fanden sich zu uns um mit uns ein bischen Fussball zu spielen und hinterm Ball her zu rennen. Sie liessen mich und Edmund aber nach ner Weile wieder allein.

Ich war 9 Jahre alt und Edmund war 10. Er war ein iraner armenischer Abstammung und somit ein Christ. Die Eltern schotteten sich weitestgehend ab und hatten kaum Kontakt mit den wenigen Nachbaren. Ich und Edmund waren aber gute Freunde. Wir beide waren noch nicht mit Religion infiziert. Sie hatte uns noch nicht auseinander getrieben. Wir waren noch rein.

An dem besagten Tag hatte ich von meinem Vater die Anweisung bekommen um Punkt 12 zuhause zu sein weil ab Mittag die Sonne immer fürchterlich wütete und bis um 15 Uhr nicht mal ein Hund sich traute den Platz im Schatten zu verlassen.

"Edmund ich muss nach hause sonst schimpft mein Vater"

"Ok, kommst du um 4 wieder raus um Fussball zu spielen? Bis dahin wirds auch wieder kühler"

"ja, ich versuch zu kommen. Ich hoffe mein Vater erlaubts mir.."

Ich sagte das und lief richtung unserer Wohnung in der parallelstrasse. Ich hörte wie Edmund -nun allein- den Ball an die Wand schoss und auf den Abpraller wartete damit er wieder gegentreten konnte. Die Wand war nun sein Mitspieler. Ich lief immernoch.

Kurz vor der Haustür, begann die rote Sirene stadtweit zu erklingen. Ein Zeichen der irakischen Luftangriffen. Mein Vater stand schon an der Tür und winkte mich rein, er hatte noch die Tür nicht hinter uns zugemacht als etwas gigantisches uns beide zur Boden warf. Es war so heftig dass ich erstmal für ein paar Sekunden nichts hörte, dann nur grausames geklingel in den Ohren und dann kam Blut aus meiner Nase. Mein Vater schmiss sich auf mich und nochmal war so ein Geräuch zu hören. Der Putz fiel von den Wänden und alle Scheiben gingen in die Brüche wobei sie durch den Knall wie Granatensplitter in der Luft rumwirbelten und die gegenüber stehende Wand förmlich durchsiebten. Im Garten hatten wir einige Bäume. In den Bäumen steckten die Scheibensplitter haufenweise drin. Wenn wir gestanden hätten wären wir durchsiebt wurden. Wir lagen noch am Boden.

Edmund war noch am Fussballspielen als die Bomben fielen. Er hatte die Sirene gehört und war zum Haus gelaufen. Die Haustür aber wurde zuspät aufgemacht, Edmund klingelte und klingelte und die Bombe traf unglücklicherweise in der selben Strasse wo Edmund wohnte. 60 Bombensplitter durchsiebten seinen kleinen, unschuldigen Körper. Hätte der Vater die Wohnungstür 10 Sekunden früher aufgemacht wäre Edmund heute 42 Jahre Alt. Der Vater baute die Wohnung nicht zu Ende. Er nahm seine Frau und die kleine Tochter und wanderte aus nach Amerika. Vor 4 Jahren hörte ich dass sie mittlerweile in der Heimat ihrer Vorfahren in Armenien leben.

Saltilo - A Necessary End

Neuseeland 1

Ich hatte mich an der University of Auckland beworben und bekam wie durch ein Wunder für den Studiengang Geologie eine Zulassung.

Ein alter Freund meines Vaters lebte seit 30 Jahren in Perth/Australien und er versprach erstmal die Universitätskosten zu übernehmen bis ich dort Fuss gefasst habe. Ich war sehr Jung aber ich kannte diese Situation nicht dass mir jemand unter den Armen greifen wollte und ich fühlte mich auch nicht gut dabei. Ich rief den Typen in Australien an und erklärte dass ich unmöglich in seiner Schuld stehen könne, weil ich mir absolut nicht sicher wäre wann und ob ich überhaupt das Geld zurück zahlen könnte. Das wäre für mich eine riesen Belastung. Ich sagte ihm dass ich mit den Gedanken spielen würde, die ganze Sache selbstständig durch zu ziehen. Ohne Hilfe. Er hat ein bisschen so getan als wäre es eine Ehre mir helfen zu können weil er doch meinen Vater so gut kennen würde und bla bla... an seinem Ton merkte ich aber dass er garnicht so Traurig war dass er mir nicht helfen musste. Er liess seine Telefonnummer und bat mich ihn zu kontaktieren und zwar egal wann und warum auch immer. Ich nahm die Nummer an.

Ich arbeitete in dem VW Werk in Wolfsburg als Werksstudent obwohl ich nie eine Vorlesung besuchte. Ich hatte mich nach meinem Abitur lediglich in Bremen eingeschrieben nur damit ich besser an Jobs rankommen und Geld verdienen konnte. Die Arbeit im VW Werk Wolfsburg war ein Traumjob. 25 Mark Netto pro Stunde. Nachtschichten wurden mit 35 Mark die Stunde vergütet und wenn du an den Feiertagen im Lager arbeitetest und dazu noch Abends und Nachts dann kam man teilweise auf 60 bis 65 Mark die Stunde. In den 2 Sommerferien die ich dort voll gearbeitet hatte verdiente ich 13 000 Mark abgesehen von der Zeit während der Semester, in der ich 22 Stunden in der Woche arbeitete und noch immer auf 3300 Mark im Monat kam. Als ich meinen Studentenvisum abholte und mich so langsam richtung Neuseeland machen wollte, hatte ich 15 000 Mark gespart und das war damals eine Menge Geld. In Neuseeland konnte man damals für die Gesamtstudienzeit im vorraus zahlen oder man bezahlte jährlich. Ich hatte eine Zulassung für Geologie und musste mit allem drum und dran ca. 5000 NZ $ pro Jahr zahlen damit ich anfangen konnte zu studieren.

Meine Mutter war immer dagegen, sie meinte es wäre so schon schwer zu ertragen dass ich in Deutschland lebte, aber Neuseeland kam ihr verdammt weit weg vor und sie hatte Angst mich nicht mehr sehen zu können. Neuseeland war ja auch ein kleines Fläckchen was Gefahr lief unten aus der Karte zu fallen.


Ich flog mit KLM erst nach Hong Kong und von da mit Cathay Pacific nach Auckland. Hong Kongs Flughafen ist einfach von der Lage der schönste auf der ganzen Welt. Direkt eingebettet zwischen dem Meer, den Wolkenkratzern und den Bergen. Die Landebahn ist verdammt kurz und er stellt jeden noch so versierten Piloten vor einer grossen Herausforderung und gleichzeitig bekam es der Passagier der diese Umstände noch nicht kannte sofort mit der Angst zutun sobald er von oben die kurze Landebahn erblickte die dann direkt am Meer endete.

Digby Jones - Pina Colada

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