28
Mrz
2012

Graveyard upstairs

Ich ging hinauf auf mein Zimmer, eine Hundehütte von 15 qm. Siebenschläfer die sich in den hölzernen Querbalken des Zimmers rumtümmelten, eine Toilette, die so schmal war wie der Schüssel selbst, ich musste mich s noch schmaler machen um mich überhaupt auf dem Pott setzen zu können. Es war nicht zu fassen, ich konnte nicht mal bequem scheissen, geschweige denn bequem schlafen, vom bequem Leben ganz zu schweigen.

Ich zog in der Dunkelheit die Vorhänge vor einem Zornig aussehenden Himmel auf und legte mich ins Bett. Ich verstand nicht was mir und den anderen auf dieser Welt geschah. Waren die alle wirklich soviel Cleverer als ich? Sie fuhren Mercedes, brachten ihre Kinder zu Klavierunterricht, küsschen rechts, küsschen links..Papa holt dich dann ab Schatz..und wenn ich mich mit Ihnen unterhielt stellte ich fest dass sie imgrunde armleuchter waren, hatten nicht soviel Wissen, die Auffassungsgabe, Verstand und Standhaftigkeit wie der Dreck unter meinen Fingernägel und dennoch tümmelte ich mich in den Dreck während sie sich ihre niederträchtige, oberflächliche Idylle schafften, sich langbeinige Dior-Brillen tragende Frauen angelten die bereit waren für die finanzielle Sicherheit die sie vom Mann bekammen, sich selbst aufzugeben. Sie brauchten sich nur auf eines zu fokusieren: Dem Mann im Bett eine gute Nummer zu schenken um den Schlüssel zum "Saab" nicht zu verlieren. Konnte es sein dass ich etwas sehr essentielles nicht verstand? Konnte es sein dass all das was ich Wissen nannte, kompletter Unsinn war während es viel Nützlicher war einfach zu wissen wann man den richtigen Geschäftspartner um wieviel bescheissen musste um sich ein Treppchen höher zu arbeiten, sich vom Rest abzusetzen? Oder wie man ein Brot buk oder wie ein 8er Schluessel zu handhaben war? Ich war als Kind schon im Krieg gewesen, ich schaffte es mich allein als Kind in einem Fremden Land durchzuschlagen, ich war mit 22 mit allem fertig was Dostojewski, Tolstoi, Chekhov, Maupassant, Flaubert, Pushkin, Lermontov, Hemingway, balzac, zola...geschrieben hatten, ich kannte alle Sinfonien von Mahler, Brahms und Rahmaninov, Liszt,... ich wusste welcher Dirigent wo seine Stärken und Schwächen hatte, ich wusste alles über Solti, Mehta, Furtwängler, Abbado, Bernstein,...Oistrakh, Kogan... und all das brachte mich nicht weiter als bis in dieser Hundehütte in der ich hauste.

Ich spielte Basketball auf hohem Niveau, genauso sah es aus mit American Football, Fussball, Tischtennis.. ein Naturtalent aber während untalentiertere sich durch ihren ehergeiz irgendwie durchmogelten, schaute ich sie nur an, schmunzelte, schlug sie im direkten vergleich aber dann ging ich einfach weg, ich ging nach Hause. Irgendwas stimmte da nicht. Ob mit mir oder mit den anderen, das wusste ich nicht.


Im Bett versuchte ich mich zu fassen. Natürlich Vergeblich. Mein leben lief aus und ich wusste nicht welches Loch ich zuerst stopfen sollte, welches Loch ich überhaupt zu stopfen in der lage wäre?!

Genaugenommen wusste ich nicht mal wo diese Löcher waren. Wenn Dinge die einen wurmen keine bestimmten und konkreten Gestallten haben dann verbringt man ein grossteil des Lebens mit grübeln. Ich war kurz davor aber ich schlief nicht ein.

Völlige Dunkelheit, ich lag im Bett die Decke bis zum Kinn hochgezogen, fing an zu sprechen. Mittlerweile regnete es Unaufhörlich.

"Du Drecksack da oben, was bist du denn? Angeblich Allmächtig ja? dann hast du den Friedhof in meinem Kopf zu verantworten, dieses leise absterben. Seitdem man über dich spricht kenn ich von dir nur Forderungen. Jetzt will ich dich mal auf die Probe stellen. Komm runter du elender Bastard, wenn du jetzt hier wärst, würde ich dich in einzelteile zerlegen, ich würde dir zeigen was es heisst sich mit jemanden anzulegen der nichts zu verlieren hat, du hast eine Menge zu verlieren du Bastard. All diese Typen denen du den Wunsch nach Idylle und Sicherheit erfüllt hast, sind genauso Bastarde wie du selbst, sie haben auch viel zu verlieren. Sie kennen es nicht anders, sie sind es gewohnt zu siegen. Wenn ein geborener Sieger nie verliert lernt er nie wie er mit der ersten Niederlage umgehen soll. Wenn diese erste Niederlage zu spät kommt, fehlt ihm die Kraft sich wieder aufzurappeln. Ich bin diesen Wichsern überlegen, mein Leben besteht seit meiner Kindheit aus fallen und wiederaufstehen, ausgeknockt zu werden um blutig wieder hochzukommen und dem vermeintlichen Sieger ins Gesicht zu schmunzeln, soviel einzustecken und stehenbleiben bis er keine Kraft mehr hatte zuzuschlagen, wenn dein rechter Hacken kommt, kenn ich die Konsequenzen. Was aber wenn du und deine Sissies irgendwann auch irgendwann einen harten rechten Hacken zu spüren bekommt?. Diese selbstbewussten, arroganten, finanziel abgesicherten Kreaturen sind nur eine Scheidung, nur ein Jobverlust entfernt von der Gosse! Sie wuerden durchdrehen, die kaputte einst heile welt nicht mehr verstehen, sie wuerden mit den noch nicht abbezahlten hypothek des penthouses in dornbusch nicht mehr zurecht kommen. Der erste halbwegs heftige Wind des Lebens wirft sie um, sie gehen daran kaputt, betteln vor den Ämtern und den Häusern ihrer Ex-Frauen darum ihre Kinder mal sehen zu dürfen, sie radikalisieren sich und greifen zum Alkohol wenn sie den gutbezahlten Job verlieren...Ich aber, ich würde darüber lachen, ich würde wieder anfangen zu leben, eben anders zu leben, ich würde wieder meinen Rücksack mit Büchern vollstopfen und im Winter in Bankfilialen übernachten...ich stehe auf, diese Sissies nicht mehr..."
...
Es passierte nichts. Es kam keiner runter. Absolute Stille im Raum, nur das prasseln des Regens an die Fensterscheibe war zu hören. Irgendwann muss ich wohl dann eingeschlafen sein weil ich nicht mal mehr den Regen hörte.

Bliss - People Among Us

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